Value Investing – steht eine Renaissance an?

Value Investing Renaissance

Trotz den aktuell schwierigen, traurigen und rational nicht zu begreifenden Zeiten möchten wir es nicht unterlassen, unsere Leserschaft mit Einschätzungen zu ausgewählten Themen rund um die Kapitalmärkte zu versorgen. Gleichzeitig hoffen wir inständig, dass sich dieser kriegerische Konflikt baldmöglichst löst und das direkte Leid der Bevölkerung ein Ende findet.

Aktienanlagen sind keine Selbstläufer, auch wenn dies über die letzten Jahre den Anschein machte. Eine ultralockere Geldpolitik erwies sich als willkommenes Manna für die Aktienmärkte. Mit der Pandemie wirkte vor zwei Jahren ein exogenes Ereignis auf die Kapitalmärkte, welches retrospektiv schnell verdaut war und in der Folge die Aktienmärkte zu neuen Höchstständen beflügelte. Es darf dabei nicht ausser Acht gelassen werden, dass dieser Börsenhöhenflug in erster Linie durch Wachstumsaktien getragen wurde.

Unterstützt wurde dieser Trend durch die auf breiter Front voranschreitende Digitalisierung sowie den technologischen gesellschaftlichen Wandel. Steigende Inflationsraten, gepaart mit der Ankündigung seitens der US-Notenbank zur Abkehr vom Pfad der lockeren Geldpolitik hin zu schrittweisen Zinserhöhungen, können als eine Art Game Changer für die Kapitalmärkte verstanden werden. Eine Rotation in Valuetitel weg von Technologiewerten wird mit steigenden Zinsen und dem schrittweisen Entzug der grosszügigen Liquiditätsversorgung weiter an Fahrt gewinnen.

Das laufende Jahr dürfte für kapitalintensive Wachstumsaktien, im speziellen für Techtitel, zur Herausforderung werden, insbesondere, da das Gros der Techaktien stolze Bewertungen aufweist. Die Zeiten der Kapitalversorgung in Form von Kreditvergaben zum de facto Nulltarif scheinen vorerst zu Ende zu gehen. Dies treibt eine weitere Bewertungskorrektur der Wachstumstitel voran.

Seit mehr als einer Dekade enttäuschen Valueanlagen. Dieser langfristige Trend akzentuierte sich im Laufe der Pandemie weiter. Anleger, welche einen valuebasierten Anlagestil verfolgen, durchlebten die letzten Jahre ein schwieriges Umfeld. Obwohl sich unter den Substanzvaloren einige günstig bewertete Unternehmensperlen befinden, welche konstante Erträge in Form von hohen Dividenden abwarfen, richtete sich das Augenmerk der Investoren mehrheitlich auf wachstumstreibende Anlagen. Die Aussicht auf eine rasche gewinnbringende Wertentwicklung mit technologiebasierten Papieren wirkte für manch einen Substanzanleger zermürbend. Die Underperformance der Vergangenheit verlangte einiges an Glauben ab, dass auf langfristige Sicht substanzorientiertes Anlegen erwiesenermassen dominiert. Value-Investoren mussten sich in Geduld üben.

Steht nun die Trendwende an? Die Zeichen hierfür stehen nicht schlecht, und es dürfte sich lohnen, den Fokus auf Substanzwerte zu richten. Einen ersten Vorgeschmack erhielten die Investoren zum Jahresanfang in Gestalt eines kursbedingten Aderlasses bei Wachstumswerten. Zyklische Werte aus den Bereichen Finanzen, Energie und Industrie konnten sich dem Verkaufsdruck besser entziehen. Attraktive Bewertungen, deutliche Bewertungsunterschiede zu Wachstumsaktien, die laufende leicht nach hinten verschobene Konjunkturerholung, sowie die damit einhergehenden steigenden Unternehmensgewinne, stellen aus unserer Sicht einen aussichtsreichen Nährboden für Substanzwerte dar.

In Phasen einer Konjunkturerholung profitiert ein substanzdominierter Anlagestil in der Regel überdurchschnittlich. Doch wie definiert sich eine Valueaktie? Es sind dies Beteiligungspapiere, welche gemessen an klassischen Bewertungskennzahlen wie dem Kurs-Gewinn Verhältnis und dem Kurs-Buchwertverhältnis sowie einer ansprechenden Dividendenrendite günstig respektive attraktiv abschneiden. Die Betrachtung einer Aktie erfolgt nach dem Prinzip der Fundamentalanalyse. Dabei sucht der Investor Aktien von vielversprechenden Unternehmen, deren Börsenkurs unter dem inneren Wert handeln und somit eine Unterbewertung aufweisen. Vereinfacht ausgedrückt ist der Valueinvestor daran interessiert, den Franken zu 80 Rappen zu erwerben mit der Erwartung, dass der Gesamtmarkt die Fehlbewertung über einen gewissen Zeitraum korrigiert. Aktien mit Substanzcharakter lassen sich traditionell in den Sektoren Basiskonsum, Versorger, Telekommunikation, Finanzen, Energie, Immobilien, Gesundheit und Industriewerte finden.

Eine erste Entspannung in Sachen Bewertungsunterschiede zwischen Substanz- und Wachstumsaktien war im letzten Jahr zu beobachten. Trotzdem ist die Abweichung nach wie vor frappant. Die Mehrzahl der stattlich bewerteten Wachstumstitel nehmen reichlich an zukünftigem Gewinnwachstum vorweg.

Substanzstarke Aktien bilden aus unserer Sicht einen wesentlichen Bestandteil eines bedacht diversifizierten Portfolios. Wir loten hierbei im momentan Marktumfeld und unter Einbezug des aktuellen Konflikts gute Kaufgelegenheiten bei Schweizer und europäischen Valoren aus. Von einer gänzlichen Umschichtung von Wachstumsaktien in Substanzwerte raten wir jedoch ab. Insbesondere technologiebasierte Unternehmen werden in Zukunft weiterhin von strukturellen Entwicklungen und Tendenzen getragen. Disruptive und technische Innovationen finden den Ursprung meist in den Wachstumswerten, deren Auswirkungen zukünftig in den konventionellen Sektoren zum Tragen kommen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die rasche Veränderung im Bankgeschäft.

Freundliche Grüsse aus dem Kettenhof und bleiben Sie investiert!

Wie nachhaltig kann Spitzengastronomie sein?

Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der ursprünglich aus der Forstwirtschaft stammt. Dank dem gesteigerten Bewusstsein für die Umwelt hat er ausnahmslos in jeder Branche Einzug gehalten. In der Spitzengastronomie geht der Guide Michelin sogar so weit, dass zum Thema Nachhaltigkeit eine eigene Auszeichnung verliehen wird. Doch wie lassen sich Kaviar, Austern und ähnliche kulinarische Luxusprodukte mit dem Begriff der Nachhaltigkeit vereinbaren?

Das erhöhte Bewusstsein für Ernährung – sei es durch bekannte, zunehmende Unverträglichkeiten wie Laktose, Gluten oder durch Essgewohnheiten (Vegetarier, Pescetarier, Veganer) hat zu einem allgemeinen Umdenken bis in die Welt der Drei-Sterne-Köche geführt. Wir beobachten einen zunehmenden Fokus auf ausschliesslich vegetarische und vegane Spitzengastronomie (u.a. Humm und Caminada). Dies hat einerseits mit der neuen gastronomischen Deutung von «Luxus» zu tun, welche sich vom blossen Produkt zum Handwerk zu verlagern scheint. Andererseits interpretieren wir den Trend auch damit, dass unternehmerisches Denken – vielleicht durch die Pandemie beschleunigt – an Bedeutung gewinnt. Spitzenköche werden vermehrt zu Unternehmern.

Auch das «roots» in Basel setzt sich intensiv mit dieser Thematik auseinander. Hier hat Pascal Steffen vor vier Jahren das Zepter als Küchenchef übernommen. Mit seiner Philosophie und Handschrift hat er sich in kürzester Zeit neben 17 GaultMillau-Punkten auch einen Michelin-Stern erkocht. Vom anfänglichen Geheimtipp etabliert sich das «roots» zunehmend in der regionalen und nationalen Spitzengastronomie – ohne stehen bleiben zu wollen.

Er steht, wie kein anderer in der Schweiz, für Gemüse und gehört mit seiner Philosophie zu den Vorreitern, die früh erkannt haben, dass sich die Spitzengastronomie verändert und der Begriff «Luxus» neu definiert und interpretiert wird. Aus diesem Grund wird im «roots» dem Gemüse jener Platz zugewiesen, der ihm gebührt: Der Mittelpunkt. Fisch und Fleisch spielen eine Nebenrolle – was nicht heisst, dass darauf verzichtet wird.

Nachhaltigkeit ist für Pascal Steffen von Beginn an kein Modewort, sondern ein Codewort zur Qualität. Seinem Ansatz nach müssen die Köche wieder lernen, nachhaltiger zu denken. Verschwendete Ressourcen sollten in unserem Ernährungssystem auf ein bedeutend tieferes Niveau gebracht werden. Der Bezug zur Natur, der Bezug zum ursprünglichen Geschmack, der Bezug zur Saison, zu den Tieren, das alles sind Aspekte und Zugänge, bei welchen er Verbesserungspotenzial sieht.

Ein weiteres, wichtiges Thema, welches im erweiterten Sinn ebenfalls zur Nachhaltigkeit gehört, betrifft «Food Waste». Hier kommt neben der Ideologie und dem gesellschaftlichen Bewusstsein die wirtschaftliche Ebene hinzu. Eine Reduktion von «Food Waste» bedeutet gleichzeitig auch einen effizienteren Umgang mit den Ressourcen und schliesslich auch eine Kostensenkung. Denn in der Schweizer Kostenstruktur der Gastronomie sollten maximal 30% des Nettoumsatzes für die Waren ausgegeben werden, um ein Restaurant wirtschaftlich führen zu können. In unserem Fall haben wir einen erfolgreichen Umgang mit Warenkosten als Erfolgskomponente in die Entlöhnung aufgenommen.

Auch im «roots» hat sich Nachhaltigkeit in den beschriebenen Facetten durchgesetzt. Wenn Sie herausfinden möchten, wie dies interpretiert wird, dürfen Sie sich freuen, von Pascal Steffen und seinem Team auf eine kulinarische Überraschungsreise in mehreren Gängen mitgenommen zu werden.

Dragan Rapic
Managing Director des «roots»

 

Univest und Nachhaltigkeit

Das Thema Nachhaltigkeit hält indes nicht nur in den Küchen der Spitzengastronomie Einzug, sondern findet durch gezielte Anlagen auch vermehrt in den Portfolios der Anleger seinen verdienten Platz. In den von Univest verwalteten Portfolios wird ein thematischer Ansatz verfolgt, wodurch bestimmte Supertrends (beispielsweise Digitalisierung, Energy Transition, Health Tech, Aging Population, etc.) identifiziert und mittels geeigneter Anlagen konsequent umgesetzt werden.

Passend zum aktuellen Blogbeitrag stellen wir nachfolgend einen Fonds zum Thema Food Tech vor. Der Picard Angst Food Revolution Fund ist ein globaler Aktienfonds, welcher das Ziel verfolgt, von den strukturellen Veränderungen in der Nahrungsmittelindustrie zu profitieren. Der Fonds investiert mittels 40 bis 60 gelisteten Aktien entlang der Wertschöpfungskette von überdurchschnittlich stark wachsenden Sub-Themen der Agrar- und Lebensmittelindustrie.

Der Fonds verfolgt dabei einen fundamentalen sowie thematischen Ansatz und fokussiert sich auf neue Trends wie funktionelle Lebensmittel, alternative Proteine, Automatisierung/Agri-Tech oder nachhaltige Verpackungslösungen. Der Fonds bildet ein interessantes Nischensegment ab und setzt mehrheitlich auf innovative Small- und Mid Caps mit einem regionalen Fokus auf die USA.

Oldtimer als Wertanlagen?

In Zeiten ertragsloser Nominalanlagen sind Investitionen in Sachwerte allenthalben gesucht. Die beliebtesten Sachanlagen – Aktien, Immobilien und Edelmetalle – haben jedoch aus diesem Grund in Sphären abgehoben, bei welchen ein Einstieg gut überlegt sein will. Da schaut man sich nach Alternativen um – Kunst, Uhren oder eben Oldtimer bzw. Classic Cars. Doch eignen sich letztere wirklich als reine Wertanlage, die zwar keinen eigentlichen Ertrag ausschütten, sondern wie die Edelmetalle mit Wertsteigerungspotential locken? Die findige Finanzindustrie scheint auf jeden Fall dieser Meinung zu sein, gibt es doch mittlerweile fondsähnliche Produkte mit Oldtimern im Portfolio, denen Wertsteigerungspotential zugemessen wird. Zusätzlich verlockend: die am Fonds beteiligten Investoren können die Juwelen auf vier Rädern zum Teil sogar sporadisch selber fahren.

Auch ausserhalb der Oldtimerszene hat man unglaubliche Preise wahrgenommen, die einzelne klassische Autos bei Auktionen erzielt haben. So fanden zum Beispiel verschiedene Verkäufe von Ferrari 250 GTO zu Werten von CHF 50 Mio. und mehr statt. Noch in den siebziger Jahren wechselten diese Autos als ausgediente Rennsportwagen deutlich unter hunderttausend Franken die Hand. Aber auch frühe Porsche 911, Aston-Martins DB4 und DB5, Mercedes 300 SL Flügeltürer oder einzelne Modelle von Maserati, Lamborghini und Bentley haben ihren Wert in den letzten Jahrzehnten verzehnfacht und mehr. Geht das nun so weiter?

Fachleute prophezeien zwar in Anbetracht der fortschreitenden Entmündigung der Fahrer durch autonome Systeme eine zunehmende Attraktion der klassischen Autos. Doch die Oldtimerszene sieht sich durch gesellschaftliche Veränderungen sowie durch das gesteigerte Umweltbewusstsein zunehmend bedroht. Da ist zum einen das weitgehend fehlende Interesse der Millennials (und erst recht der nachfolgenden Generationen) am privaten Autobesitz und damit auch an klassischen Autos. Aber auch diejenigen, die sich noch am Auto als technisches Kulturgut begeistern können, befürchten zu Recht, dass sie den erworbenen Oldtimer in Zukunft aus umweltrelevanten Gründen gar nicht mehr auf öffentlichen Strassen werden bewegen dürfen. Dies wird sich – und tut es bereits jetzt – unweigerlich negativ auf die Bewertung von klassischen Autos auswirken. Die Preise sind tendenziell fallend, auch bei den unteren und mittleren Kategorien, nicht nur bei den absoluten Topangeboten.

Es geht wohl nicht mehr so weiter, zumindest nicht im gleichen Ausmass wie bisher. Von einer Investition in Oldtimer alleine mit Sicht auf das kurz- und mittelfristige Wertsteigerungspotential wäre demzufolge abzuraten. Man sollte dieses technische Kulturgut vielmehr als solches erleben: Freude an der Mechanik und am genussvollen Fahren – quasi als Naturaldividende – und eine immer noch mögliche Wertsteigerung oder auch nur eine Wertstabilität als angenehmen Nebeneffekt geniessen.

Pernoire – traumhafte Geschichten für die Nase

Univest Family Office meets pernoire

Seit 2020 vereint das Basler Parfumlabel pernoire Parfüm-Enthusiasten.  pernoire kreiert nicht nur einfach Parfüm – wer einen Duft von pernoire trägt, wird Teil einer Community. Er ist persönlich am Wachstum und an der Entwicklung der Marke beteiligt. Erfahren Sie in unserem ersten Videoblog-Beitrag, wie sich dies äussert und was Univest mit pernoire verbindet.

Klicken Sie hier, um die Website von pernoire zu besuchen

Univest Family Office meets pernoire

Neue Antriebsformen – Elektromobilität und Wasserstoff (Teil II)

Willkommen zum zweiten und abschliessenden Teil des Blogbeitrags «Neue Antriebsformen». Nachdem wir uns im ersten Teil der historischen Zeitachse des Elektro- sowie Verbrennungsmotors gewidmet haben, beleuchten wir nun nach aktuellem Kenntnisstand die derzeitige Situation rund um die Thematik.

Welcher Technologie gehört die Zukunft: Wasserstoff, Elektro oder einer Kombination? Es gibt hierzu mannigfaltige Standpunkte, ähnlich einer Haltung, ob die Aktienmärkte nach der jüngsten Rekordjagd noch weiter steigen werden oder ob sich doch eine Korrektur am Börsenhorizont abzeichnet. Vorab so viel: Es scheint sich die Tendenz einer künftigen Machtteilung zwischen dem Elektro- und dem Wasserstoffauto zu manifestieren. Selbstverständlich ist der Verbrennungsmotor ebenfalls noch auf der mobilen Party vertreten – durch die Einführung der Euro-Norm 7 werden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren allerdings stets teurer, und das Kaufpreisdelta zu E-Autos wird kleiner. Verstärkt wird diese Entwicklung ebenfalls dadurch, dass eine CO2-Steuer fossile Brennstoffe weiter verteuern wird und bei Fahrzeugen mit alternativen Antriebsformen unter anderem Steuervorteile winken.

In der öffentlichen Wahrnehmung der alternativen Antriebe liegt die Brennstoffzelle aktuell vermeintlich zurück. Doch Experten versprechen sich viel von der Wasserstoff-Technologie. Die Erfindung des Elektromotors ist für beide Antriebsformen relevant, da dieser sowohl im Wasserstoffauto wie auch im vollelektrischen Elektroauto zur Anwendung kommt. Der entscheidende Unterschied zu den gängigen Elektrofahrzeugen (wie beispielsweise Tesla) kommt im Umstand zu tragen, dass Wasserstoffautos den obligaten Strom selbst produzieren, dieser also nicht von einer externen Stromquelle herbeigeführt werden muss. Wasserstofffahrzeuge führen somit ein eigenes effizientes Kraftwerk an Bord mit: die Brennstoffzelle. In dieser entsteht durch den chemischen Prozess der umgekehrten Elektrolyse aus Wasserstoff und Sauerstoff elektrische Energie, welche wiederum in den Elektromotor respektive in die Batterie geleitet wird. Die Batterie fungiert als Zwischenspeicher bis die Energie für den Antrieb benötigt wird. Da die Brennstoffzelle stets Energie nachspeist, fällt die Batterie deutlich kleiner und somit leichter aus als diejenige eines vollelektrischen Fahrzeugs. Nebst der Brennstoffzelle wird auch beim Bremsvorgang elektrische Energie in die Batterie zurückgeführt («rekuperiert»).

Der Wasserstoff kommt aus einem oder mehreren Tanks im Auto, der Sauerstoff stammt aus der Umgebungsluft. «Tank» ist derweil ein gutes Stichwort, denn wie wird ein Wasserstoffauto betankt? Theoretisch ähnlich unkompliziert wie ein herkömmlicher Verbrenner. In weniger als fünf Minuten ist der Wasserstofftank wieder voll und die Reise kann fortgesetzt werden. Doch um Wasserstoff zu tanken, muss zuerst die Infrastruktur erschaffen werden, denn diese steckt wahrlich noch in den Kinderschuhen. Stromladesäulen sind hingegen deutlich einfacher zu finden, was aktuell ein Vorteil für E-Autos ist. Frisch betankt wären beim Wasserstoffauto allerdings gut und gerne über 500 Kilometer Reichweite möglich. Ähnliche Fahrleistungen erreichen auch vollelektrische Fahrzeuge, doch hierfür müssen die Batterien wesentlich grösser sein, was wiederum ein höheres Fahrzeuggewicht und längere Ladezeiten (30 bis 60 Minuten an öffentlichen Schnellladestationen) mit sich bringt. Die Reichweite von gängigen Elektroautos ist zudem wesentlich von der Aussentemperatur beeinflusst. Kaltes Wetter führt zu erheblichen Reichweitenverlusten, was wiederum beim Wasserstoffauto nicht der Fall ist.

Die geschilderte umgekehrte Elektrolyse (elektrische Energie, Wärme und Wasser) ist grösstenteils emissionsfrei. Doch weshalb nur grösstenteils? Die Antwort liefern ähnliche Kritikpunkte wie beim per Steckdosenstrom geladenen Elektroauto – Wasserstoff wird selbst heutzutage noch mehrheitlich mit fossilen Brennstoffen hergestellt, insbesondere durch die Reformierung von Erdgas. Doch auch der Steckdosenstrom ist bei Weitem nicht emissionsfrei: Auch wenn in der Schweiz rund 60 Prozent der Energie mittels Wasserkraft erzeugt wird, stammen weltweit 75 Prozent des Stroms nach wie vor aus der Produktion mit fossilen Brennstoffen. Um umweltfreundlichen Wasserstoff zu erzeugen, werden unter anderem regenerative Energien wie Solar- oder Windenergie verwendet. Wasserstoff ist keine Energiequelle wie Erdöl, Wind oder Sonnenenergie, sondern ein Energiespeicher. Von Natur aus kommt Wasserstoff nur in gebundener Form vor, etwa in Wasser oder Erdgas. Um das farblose chemische Element aus dieser Bindung abzuspalten, ist Energie notwendig. Die verwendete Energie entscheidet, ob «grüner» (regenerativer) oder «grauer» (fossiler) Wasserstoff entsteht.

Auf jeden Fall finden Wasserstoff und die damit verbundene Brennstoffzellen-Technologie nun wieder vermehrt Anwendung in der realen Welt. Die Technik ist jedoch keineswegs neu. Ihre Erfindung reicht bis ins Jahr 1839 zurück und ist damit, wie der Elektromotor ebenfalls, eine sehr alte menschliche Errungenschaft, welche jedoch über die Jahre stets verfeinert wurde. Dass nun Wasserstoff wieder mehr Beachtung geschenkt wird, zeigt sich anhand diverser Projekte. Beispielsweise wurde kürzlich berichtet, dass ab März 2022 in Deutschland der erste Wasserstoff-Zug seinen Fahrplan aufnehmen wird. Da nur 60 Prozent des deutschen Schienennetzes elektrifiziert sind, könnte dies ein wichtiger Schritt in die Zukunft sein. In den USA sollen gar 90 Prozent der Züge nach wie vor mit Diesel unterwegs sein. Dies hat auch seine guten Gründe. Der Ausbau der Infrastruktur ist kapitalintensiv und die neuesten Dieselmotor-Generationen sind nicht zuletzt eine ökonomische Antriebsform. Dessen Image wurde durch den Dieselskandal zwar nachhaltig beschädigt, der Abgasskandal ist jedoch vielmehr der Gier des Menschen als dem Dieselmotor selbst zuzuschreiben.

Wasserstoff- wie auch E-Autos müssen sich im Massenmarkt erst noch bewähren und den Vorschusslorbeeren Taten folgen lassen. Nebst den positiven Eigenschaften ist auch dem Verbesserungspotenzial Rechnung zu tragen. Es gibt nach wie vor viel Luft nach oben, was die Herstellung und Effizienz der Batterien anbelangt. Als Beispiel kann diesbezüglich die Gewinnung von seltenen Erden aufgeführt werden, welche für die Batterieherstellung essentiell sind. Beim Abbau von einem Kilogramm seltener Erden fallen zweieinhalb bis drei Tonnen giftige und radioaktive Abfälle an, weil diese Metalle oft gemischt mit radioaktiven Substanzen in der Erde lagern. Da E-Autos grössere und schwerere Batterien als Wasserstofffahrzeuge verbaut haben, schlägt sich dies auf den ökologischen Fussabdruck nieder. Beide Fahrzeugarten müssen sich zudem künftig preislich deutlich attraktiver anbieten.

Die Brennstoffzelle (Wasserstoff) scheint sich insbesondere im Schwerlast-/Fernverkehr (LKWs mit 40 Tonnen) durchzusetzen. Denn in vollelektrische Schwerfahrzeuge müsste eine überdimensional grosse, gewichtige Batterie verbaut werden, wodurch sich die Ladezeiten exorbitant erhöhen würden. Im urbanen und regionalen Verkehr könnten batterieelektrische Fahrzeuge effektiv einen Mehrwert bieten. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand wäre somit eine künftige Gewaltentrennung zwischen den beiden Technologien absolut denkbar.

Aus der heutigen Sicht ist der vollelektrische Elektroantrieb demzufolge keinesfalls alternativlos. Die Zukunft scheint – der politischen Stossrichtung sei Dank – rosig zu sein für alternative «grüne» Antriebsformen. Doch die Historie hat gezeigt, dass der Verbrennungsmotor ein hartnäckiger Widersacher ist und dabei insbesondere der oft gescholtene, jedoch äusserst effiziente Dieselmotor nicht vollends abgeschrieben werden darf – zumal, wenn es gelingen sollte, industriell und regenerativ synthetischen Kraftstoff herzustellen. So könnten die heutigen Fahrzeuge eins zu eins wiederverwendet werden, ohne auf den Schrotthalden dieser Welt zu verenden. Das Weltklima wäre uns sicherlich dankbar. Und in diesem Fall würden wir nicht dagegen wetten, dass sich die Brennstoffzelle und E-Technologie erneut hinten anstellen müssen.

Neue Antriebsformen – Elektromobilität und Wasserstoff (Teil I)

Elektromobilität ist seit ein paar Jahren in aller Munde und vollelektrische Fahrzeuge werden in unserer Gesellschaft immer stärker nachgefragt. Prädiktionen sagen Elektroautos eine elektrisierende Zukunft voraus. Experten prophezeien beispielsweise, dass in spätestens 17 Jahren die Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen jene der «Verbrenner» hinter sich lassen werden. Der beschriebene Trend wird von einem scheinbar unablässigen Regulierungsdruck der Behörden und durch grosszügige Subventionen verschiedenster Staaten befeuert. Gemäss offiziellen Angaben müssen sich im Vergleich zum Jahr 1990 die Emissionen im Verkehr bis im Jahr 2030 um 40 bis 42 Prozent verringern. Mit einem Paket aus Förderung der Elektromobilität, Stärkung der Bahn und CO2-Abgaben soll dies unter anderem erreicht werden.

Doch ist der mit Strom versorgte Elektromotor alternativlos, oder reziprok formuliert, ist der Verbrennungsmotor noch zeitgemäss? Für Einige sind diese Fragen Herzensangelegenheiten, für Andere wiederum sind sie ideologischer Natur. Da der Umfang der Thematik äusserst weitreichend ist, wird sich dieser Blogbeitrag in zwei unterschiedliche Teile gliedern. Der heutige Blogbeitrag, Teil I, wirft einen Blick zurück in das frühe 19. Jahrhundert und damit in die Geburtsstunden der noch heute bekannten Antriebsformen. Er verfolgt weder das Ziel, die erwähnten Fragestellungen final zu beantworten, noch politische Strömungen zu untermauern. Es soll lediglich ein Blick hinter die Kulissen gewagt und versucht werden, dieser komplexen Materie nachzugehen.

Unternehmen wir einen kleinen Ausflug in die Historie des Elektromotors: Mit den Erfindungen der Batterie (Alessandro Volta anno 1800), der Erzeugung eines magnetischen Feldes aus elektrischem Strom (Hans Christian Ørsted anno 1820) und des Elektromagneten (William Sturgeon anno 1825) waren alle Grundlagen geschaffen, um einen Elektromotor bauen zu können. Die erste nachweisbare Nutzanwendung eines Elektromotors folgte im Jahr 1835, als die beiden Holländer Sibrandus Stratingh und Christopher Becker einen Elektromotor entwickelten, der ein kleines Modellfahrzeug antrieb. Es versteht sich von selbst, dass die damals erfolgten ersten Schritte mit einem Elektromotor vielmehr einer theoretischen Modellanwendung entsprachen und noch weit von einer serientauglichen Lösung entfernt waren. 1839 baute Robert Anderson, ein Schotte, in Aberdeen das erste Elektroauto der Welt. Gleichwohl gilt als erstes «offizielles» elektrisches Strassenfahrzeug das Trouvé Tricycle des Franzosen Gustave Trouvé aus dem Jahr 1881. Das Elektroauto erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 12 km/h und besass eine maximale Reichweite von 26 Kilometern. In der Tat eine technische und physikalische Meisterleistung für diese Zeit – doch freilich vermochte sie die damals als Fortbewegungsmittel unabdingbaren Pferde nicht sonderlich zu beeindrucken. Es mag zudem erstaunen, dass der Elektromotor einige Jahre vor dem Verbrennungsmotor entwickelt wurde – der deutsche Erfinder Carl Benz meldete erst am 29. Januar 1886 auf dem Patentamt seinen «Motorwagen Nummer 1» an. Ebenfalls erstaunlich ist der Fakt, dass sich in den USA selbst im Jahre 1900 immer noch 40 Prozent der Automobile mit Dampf, 38 Prozent elektrisch und nur 22 Prozent mit Benzin fortbewegten. Doch rund 50 Jahre später verrichtete weltweit in nahezu jedem Fahrzeug ein Verbrennungsmotor seine Arbeit. Welche Einflüsse veranlassten diesen Wandel? Hierzu könnten viele Zeilen gefüllt und noch längere Sätze verfasst werden, doch ich möchte Ihnen dies gerne ersparen.

Historiker machen im Wesentlichen drei Faktoren für den damaligen schleichenden Niedergang des Elektroautos verantwortlich. Zum einen sorgte der monopolistische Einfluss der amerikanischen Standard Oil Company (heute ExxonMobil) eines gewissen John D. Rockefeller für eine markante Bevorzugung des Verbrennungsmotors. Das Unternehmen beherrschte um das Jahr 1890 zuweilen bis zu zwei Drittel des globalen Ölmarkts. Zum anderen begünstigte der 1. Weltkrieg die Entwicklung hin zu Verbrennungsmotoren, indem vom Militär Fahrzeuge mit hoher Reichweite und gut transportierbaren Kraftstoffreserven (Benzinkanister) verlangt wurden. Die Mobilitätsvorteile verfestigten sich zunehmend in der Bevölkerung, wodurch auch nach dem Krieg der Verbrennungsmotor stark favorisiert wurde. Der dritte Faktor kann auf den elektrischen Anlasser zurückgeführt werden. Dieser ermöglichte ein gefahrloses, bequemes Starten des Motors, und so gehörte das mühselige Kurbeln der Vergangenheit an.

Nun wagen wir den Sprung zurück in die Neuzeit, in der sich der Elektromotor sein vor mehr als 100 Jahren verlorenes Territorium auf den heutigen Strassen wieder langsam wieder zu erkämpfen scheint. Doch die heutige Situation ist offensichtlich in keinster Weise mit derjenigen vor einem Jahrhundert zu vergleichen. Vielmehr ist der heutige Umschwung hin zur automobilen Elektrifizierung hauptsächlich auf einen Umstand zurückzuführen: die Energiewende und die damit einhergehende gewünschte Abkehr von fossilen Brennstoffen.

Der zweite Teil dieses Blogeintrags widmet sich den neuen Antriebsformen und greift unter anderem auch die Technologie Wasserstoff auf. Besteht für das chemische Element mit dem Symbol «H» eine Daseinsberechtigung oder reduziert sich der zukünftige automobile Verkehr ausschliesslich auf die gängigen Elektrifizierungslösungen? Die Fortsetzung wird Ende Juni folgen.

Rohstoffe – wie Phönix aus der Asche?

Offene Mine

In unserem März-Blog beleuchten wir das Thema der Rohstoffe und die damit einhergehende Diskussion rund um die Energiewende. Längst ist diese Thematik nicht nur auf der politischen Agenda der Grünen zu finden, sondern hat den Weg als sogenannter «Megatrend» auch in die Anlage- und Vermögensverwaltung gefunden.

Wir schrieben das Jahr 2018, als der ehemalige US-Präsident Trump mit der kruden Idee, Puerto Rico gegen Grönland zu tauschen, seinen Beraterstab überraschte und in der Folge die dänische Regierungschefin Frederiksen vor den Kopf stiess. Was manch einer als präsidiale geistige Verirrung taxierte, hatte im Trumpschen Universum durchaus ein eigenes Kalkül. Zum einen wäre man das unliebsame und 2017 vom Hurrikan «Maria» verwüstete Aussengebiet losgeworden, zum anderen hätte man mit Grönland eine ressourcenreiche Insel sein Eigen nennen können. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Handelskonflikt mit China eine neue Dimension erreichte. Die evidente Abhängigkeit der USA von China in punkto Seltene Erden sowie die daraus latent drohenden Sanktionen seitens Pekings machen einen Aufbruch zu neuen Ufern notwendig. Grönland liegt da nahe.

Die riesige Insel ist reich an wichtigen Rohstoffen, die im Kampf gegen den Klimawandel unabdingbar sind. Nebst den Uranvorkommen im Süden der Insel sind es vor allem die Metalle, welche den Seltenen Erden zugeordnet werden und für Industrie und Technologie unverzichtbar sind. Unter der schmelzenden Eisdecke liegt eines der weltweit grössten unerschlossenen Vorkommen an Seltenen Erden. Diese finden ihren Einsatz in Windturbinen, Solarpanels, Elektroautos, Smartphones, wiederlaufladbaren Batterien, Bildschirmen, Akkus und in der Medizinaltechnik – um nur einige Gebiete aufzuzählen. In einer modernen und technologisierten Welt wird die globale Nachfrage nach Seltenen Erden über die kommenden Jahre kontinuierlich steigen.

An sich suggeriert der Begriff «Seltene Erden» ein inadäquates Bild. Seltene Erden sind für sich genommen nicht selten. Man findet praktisch überall kleinere Mengen. Selten sind hingegen grössere Vorkommen, welche rentabel gefördert werden können. Die derzeit grössten Lagerstätten befinden sich in China. Um an dieser Stelle gedanklich in China zu verweilen, lohnt sich ein Blick in den 14. Fünfjahresplan der Volksrepublik, welcher im vergangenen Oktober anlässlich der Zusammenkunft des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei beraten und ausgearbeitet wurde. Dieser zeigt, dass China bis in das Jahr 2025 den technologischen Innovationen und insbesondere der umweltfreundlichen Wirtschaftsentwicklung besonderes Augenmerk zukommen lassen wird. Das Reich der Mitte will die ökologische und kohlenstoffarme Entwicklung beschleunigen sowie eine umweltverträgliche Ausrichtung der wirtschaftlichen Dynamik fördern. Das Erreichen der gesteckten Klimaziele ist mit kapitalintensiven Investitionen in Rohstoffprojekte verbunden.

Die Energiewende ist in aller Munde und wird als einer der grossen Megatrends der kommenden Jahre gehandelt. Dies unterstreicht auch der von Goldman Sachs veröffentlichte Rohstoffausblick¹. Goldman Sachs spricht und prophezeit sogar den Beginn eines neuen Superzyklus analog zum Rohstoffbullenmarkt der 2000er-Jahre. Damals wurden – bedingt durch die vorangetriebene Industrialisierung sowie Urbanisierung innerhalb der BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien & China) die Rohstoffpreise in die Höhe getrieben. Der Bullenmarkt fand, mitunter durch die Finanzkrise verursacht, in der Folge ein jähes Ende.

Die Zeichen für einen erneuten Boom im Rohstoffsektor sind vielversprechend. Eine steigende Nachfragedynamik, insbesondere bei Kupfer, ist bereits zu beobachten. Um die CO₂-Emmissionen deutlich zu verringern und die Ziele zur Umstellung auf grüne Technologien zu erreichen, wird der Bedarf an Industriemetallen steigen. Grosszügige fiskalische Stimuli werden Investitionen im Sinne der Energiewende und zu Gunsten der Infrastruktur weiter ankurbeln. Während über die letzten zehn Jahre ein klarer Bullenmarkt die Aktienmärkte beflügelte, frönten Anlagen in Rohstoffe ein tristes Dasein. Die Gründe, die nun für steigende Rohstoffpreise sprechen, sind mannigfaltiger Natur. Nebst dem schwachen US-Dollar und der Aussicht auf eine anhaltende wirtschaftliche Erholung ist dies vor allem die Kombination von steigender Nachfrage, latenten Unterinvestitionen in die benötigten Bergbauprojekte und einer deutlichen Unterbewertung der Rohstoffe gegenüber Aktien. All dies unterstreicht das Durchschreiten der Talsohle und lässt ein klares Aufholpotential erahnen.

Ob wir nun am Anfang eines erneuten Rohstoff-Superzyklus stehen, wird die Zukunft zeigen.  Als sicher gilt, dass der Bedarf an Basis- wie auch Technologiemetallen steigt und das Thema Rohstoffe gegenwärtig medialen Rückenwind geniesst. Oft reicht dies aus, um den Appetit der Anleger anzuregen. Bei aller optimistischen Ausgangslage sollte sich der interessierte Investor jedoch bewusst sein, dass Anlagen in Rohstoffe Geduld abverlangen und im Kontext eines diversifizierten Depots lediglich eine strategische Beimischung darstellen.


¹ «2021 Commodities Outlook: REVing up a structural bull market»

TOM BRADY UND DER GLAUBE…

…an ein gutes Aktienjahr!

Am vergangenen Sonntag war es wieder soweit: Die 55. Ausgabe des Super Bowls, des weltweit grössten jährlich wiederkehrenden Sportanlasses, wurde in Tampa (FL) zwischen den Tampa Bay Buccaneers und den Kansas City Chiefs ausgetragen. Mit 31:9 führte der Star-Quarterback Tom Brady seine Bucs aus Tampa zum Sieg und durfte die begehrte Vince Lombardy-Trophäe entgegennehmen. Für diejenigen Leser, welche sich bis dato nicht mit American Football auseinandergesetzt haben, sei der Super Bowl wie folgt erklärt: Jeweils am ersten Sonntag im Februar spielt das beste Team der American Football Conference (AFC) gegen das beste Team der National Football Conference (NFC) im Finale um den Super Bowl. Das Siegerteam darf sich dann Meister der National Football League (NFL) nennen und ist somit, aufgrund fehlender Konkurrenz von ausserhalb der USA, de facto auch gleichzeitig Weltmeister.

Man mag sich zu Recht fragen, in welchem Verhältnis der Super Bowl zum Thema Vermögensverwaltung steht. Je nach Betrachtung lautet die Antwort «in keinem» oder zumindest «in einem kleinen». Zwischen dem Ausgang des Super Bowls und der Entwicklung der Aktienmärkte besteht seit jeher eine Beziehung, allgemein bekannt als „Super Bowl Indikator“ (SBI). Die Theorie besagt, dass wenn ein Team aus der American Football Conference (AFC) gewinnt, im laufenden Jahr die Bären den Aktienmarkt dominieren, während bei einem Sieg eines Teams aus der National Football Conference (NFC) die Aussichten auf ein positives Aktienjahr gegeben sind. Einfach auf den Punkt gebracht, suggeriert der SBI die Entwicklung des Aktienmarktes für den weiteren Jahresverlauf. Leonard Koppett, ein Sportjournalist der New York Times, entdeckte diese originelle Besonderheit in den späten Siebzigern. Bis dahin hatte sich der SBI nie geirrt. Zu einer grösseren Popularität gelangte der SBI dann durch Robert Stovall, einen Wall Street Analysten. Wie so oft an der Wall Street geschehen, werden zufälligen Entdeckungen etwas Prophetisches zuteil, und sie gesellen sich im Laufe der Jahre in die Reihe unzähliger Börsenweisheiten.

Der Super Bowl wird seit 1967 ausgetragen. Beobachtet man die Periode von 1967 bis 1997, so lag der SBI 28 von 31 Mal richtig. Dies bedeutet eine Trefferquote von sagenhaften 90%. Von solcher Genauigkeit in punkto Marktvorhersage träumen wohl die meisten Volkswirte und Investment Strategen. Wirft man einen Blick auf den gesamten Zeitraum seit 1967, so liegt die Trefferquote bei 74%. In der Mehrzahl der Fälle ist es daher korrekt, dass eine Korrelation zwischen dem Ausgang des Super Bowls und dem Verlauf des Aktienmarktes besteht. Eine Kausalität hingegen ist nicht gegeben. Man spricht daher von einer Scheinkorrelation. Die auffallende Trefferquote entbehrt gleichzeitig jeglicher Finanzlehre. Einen rationalen Grund für die Treffgenauigkeit gibt es nicht. Der SBI geniesst den Ruf eines nicht wissenschaftlich basierten Aktienbarometers.

Vor allem über die letzten Jahre hat der SBI jedoch an Treffsicherheit eingebüsst. Die seit dem Jahre 2016 andauernde «Verlustserie» ist die längste in der Beobachtungsperiode. Die dem SBI zugrunde liegenden Daten sind über fünfzig Jahre alt, und gleichzeitig haben sich die Rahmenbedingungen an den Aktienmärkten seither grundlegend verändert und unterlagen einem strukturellen Wandel.

Der Sieg der Bucs, einem Team der NFC, impliziert gemäss der Theorie positive Renditen am Aktienmarkt. Müssen wir als Anleger nun Aktien kaufen? Die Antwort liegt im Ermessen eines jeden. So oder so, der SBI ist ein „Fun Fact“, ein unterhaltsames Phänomen ohne plausible Begründung in einer oft ernsthaften Finanzwelt. Aber was ist in dieser Zeit überhaupt noch plausibel? In diesem Sinne bleibt zu hoffen, dass der SBI Recht behält und Tom Brady und seine Bucs uns positive Aktienrenditen schenken. Wir wünschen Ihnen ein weiteres erfolgreiches Anlagejahr.